Botulinumtoxin bei Kieferproblemen (Bruxismus): Wenn Zähneknirschen zur Qual wird
- cherinduerr
- 14. Mai
- 6 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 2 Tagen

Bruxismus – das unbewusste Zähneknirschen oder Zähnepressen – betrifft Millionen Menschen und bleibt dennoch oft unerkannt. Besonders nachts entwickeln sich durch die übermäßige Aktivität der Kaumuskulatur Beschwerden, die weit über die Zähne hinausgehen: Schmerzen im Kiefergelenk, Spannungskopfschmerzen, Verspannungen im Nacken und sogar eingeschränkte Mundöffnungen gehören zu den häufigsten Symptomen.
In schweren Fällen kann eine Botulinumtoxin-Behandlung (umgangsprachlich Botox® Behandlung) der Schlüssel zur Linderung sein – vor allem dann, wenn klassische Methoden wie Aufbissschiene, Physiotherapie oder Osteopathie keine ausreichende Wirkung zeigen.
Was genau ist Bruxismus?
Bruxismus ist eine Form der orofazialen Dysfunktion und beschreibt das unbewusste Knirschen (zentrale Bewegungen) oder Pressen (statische Anspannung) der Zähne, meist während des Schlafs. Dabei wirken Kräfte von bis zu 400 kg/cm² auf das Kausystem. Über längere Zeit führt dies zu:
überlasteten Kaumuskeln, insbesondere dem Musculus masseter
Schmerzen im Bereich des Kiefergelenks (CMD – Craniomandibuläre Dysfunktion)
Zahnschäden durch Abrieb
Kieferknacken, Kiefersperre oder -klemme
Schlafstörungen, Erschöpfung und psychischer Belastung
Viele Lösungen, kein langfristiger Erfolg bei Kieferproblemen
Der Leidensweg vieler Patientinnen und Patienten
Viele Betroffene suchen zunächst Hilfe bei ihrem Zahnarzt. Die Erstmaßnahme ist häufig eine individuell angefertigte Aufbissschiene, die nachts getragen wird, um Zahnkontakt und Kaudruck zu minimieren. Doch nicht bei allen führt dies zur erhofften Linderung.
„Ich habe monatelang eine Schiene getragen. Sie hat meine Zähne geschützt, aber meine Schmerzen sind geblieben.“ – Claudia S., 41
In den meisten Fällen folgt die Überweisung zur Physiotherapie. Dort werden Verspannungen im Kiefer-, Nacken- und Schulterbereich behandelt, die sich durch das Pressen und Knirschen aufbauen. Massagetechniken, manuelle Therapie und Wärmeanwendungen können helfen, sind aber häufig nur kurzfristig wirksam.
„Nach der Physiotherapie fühlte ich mich besser – aber nach zwei, drei Tagen war der Schmerz zurück. Es war wie ein Kreislauf, aus dem ich nicht rauskam.“ – Tobias R., 36
Einige Patientinnen und Patienten ergänzen ihre Therapie durch osteopathische Behandlungen, die das Zusammenspiel zwischen Schädel, Wirbelsäule und Kiefergelenk berücksichtigen. Auch hier gilt: kurzfristige Linderung – ja. Dauerhafte Lösung – eher selten.
Schwere Beschwerden bei nächtlichen Bruxismus
Wenn der Kiefer nicht mehr „mitmacht“
Zu den schwerwiegendsten Symptomen von Bruxismus zählt eine eingeschränkte Mundöffnung (Kieferklemme). Viele Betroffene berichten, dass sie morgens kaum in der Lage sind, ihren Mund weit genug zu öffnen, um zu essen, zu gähnen oder sogar zu sprechen. Das soziale Leben leidet, ebenso das Selbstwertgefühl.
„Ich konnte meinen Mund morgens nur noch drei Zentimeter weit öffnen. Selbst ein Apfel war zu viel. Ich habe mich dafür geschämt.“ – Victoria M., 19
Die psychische Belastung wird oft unterschätzt: Chronischer Schmerz, dauerhafte Anspannung und Schlafstörungen führen zu Gereiztheit, Erschöpfung und depressiven Verstimmungen.
Botulinumtoxin als Therapieoption bei Bruxismus
Botulinumtoxin Typ A wird seit vielen Jahren nicht nur in der ästhetischen Medizin, sondern auch in der Neurologie und Schmerztherapie eingesetzt. Bei Bruxismus wird es gezielt in die überaktive Kaumuskulatur injiziert, meist in den Musculus masseter, teilweise auch in den Musculus temporalis.
Die Wirkung beruht auf der temporären Hemmung der Reizweiterleitung zwischen Nerv und Muskel. Die überaktive Muskulatur wird geschwächt, was zu einer signifikanten Entlastung führt – ohne dabei die Kaubewegung vollständig auszuschalten.
Ablauf der Botulinumtoxin-Behandlung
Die Behandlung erfolgt ambulant und dauert nur wenige Minuten. Nach einer gründlichen Diagnostik wird die Botulinumtoxin-Dosis individuell festgelegt. In der Regel werden je nach Muskelstärke 20 bis 30 Einheiten pro Seite in den Masseter injiziert.
Die Wirkung setzt nach etwa 5–7 Tagen ein, das maximale Ergebnis zeigt sich nach 2–4 Wochen. Die Wirkung hält in der Regel bis zu 6 Monate an.
„Nach zwei Wochen war der Druck komplett weg. Ich hatte das Gefühl, zum ersten Mal seit Jahren entspannt zu schlafen.“ – Victoria M., 19
Nebenwirkungen und Risiken
Wie bei jeder medizinischen Behandlung gibt es auch bei Botulinumtoxin mögliche Nebenwirkungen. Diese sind in der Regel mild und vorübergehend:
leichte Schwellung oder Rötung an der Injektionsstelle
selten: temporäre Schwäche beim Kauen harter Speisen
sehr selten: unerwünschte Diffusion in benachbarte Muskeln
Seriöse Anbieter klären im Vorfeld umfassend auf und setzen auf minimal-invasive Techniken und präzise Dosierung, um Nebenwirkungen zu vermeiden.
Kombinierte Therapie = nachhaltiger Erfolg
Botulinumtoxin allein ist selten die alleinige Lösung. Die besten Ergebnisse werden in Kombination mit weiteren Maßnahmen erzielt:
Aufbissschiene zur Entlastung der Zähne
Physiotherapie, um Verspannungen weiter zu lösen
Osteopathie zur ganzheitlichen Regulierung
Stressmanagement, z. B. durch Achtsamkeitstraining oder Biofeedback
„Die Kombination aus Botulinumtoxin, Physio und bewusster Kieferentspannung hat endlich den Durchbruch gebracht. Ich kann wieder gähnen, lachen und essen – ohne Angst vor Schmerzen.“ – Victoria M., 19
Ästhetische Nebeneffekte – mehr als ein Bonus
Viele Betroffene berichten zusätzlich über eine sichtbare Verschlankung im unteren Gesichtsbereich. Die Massetermuskulatur verliert durch die temporäre Inaktivierung an Volumen, was vor allem bei Menschen mit stark ausgeprägten Kieferwinkeln zu einer harmonischeren Gesichtsform führt.
„Meine Freundinnen dachten, ich hätte abgenommen – dabei war es nur mein entspannter Kiefer.“ – Laura H., 34
Natürlich sollte dieser Effekt nicht Hauptmotiv für die Behandlung sein, wird aber von vielen als positiver Nebeneffekt erlebt.
Kosten und Erstattung der Botulinumtoxin-Behandlungen
Die Kosten für eine Botulinumtoxin-Behandlung bei Bruxismus variieren je nach Praxis, Region und notwendiger Dosis. Durchschnittlich muss man mit 450–600 € pro Sitzung rechnen. Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Behandlung derzeit nicht. Einige private Kassen oder Zusatzversicherungen erstatten anteilig – eine vorherige Klärung ist ratsam.
Für wen ist die Behandlung mit Botulinumtoxin geeignet?
Eine Botulinumtoxin-Therapie bei Bruxismus eignet sich insbesondere für:
Personen mit chronischem Zähnepressen oder -knirschen
Patienten mit CMD und Muskelhypertrophie
Betroffene mit eingeschränkter Mundöffnung oder Schmerzen beim Kauen
Fälle, bei denen klassische Maßnahmen nicht ausreichen
Wissenschaftliche Einschätzung
Studien bestätigen die Wirksamkeit von Botulinumtoxin bei Bruxismus. So zeigte eine randomisierte kontrollierte Studie mit 22 Patienten, dass die Injektion von 10 Einheiten Botulinumtoxin Typ A (BTX-A) in den Masseter-Muskel die Muskelaktivität signifikant reduzierte. Dies führte zu einer Verringerung von Muskelkrämpfen und Schmerzen, die mit nächtlichem Bruxismus assoziiert sind, für etwa drei Monate, bevor die Symptome allmählich zurückkehrten.*
Zudem lässt sich eine langfristige Verbesserung erreichen, wenn Patienten über mehrere Behandlungszyklen hinweg begleitet werden.
Eine unterschätzte Lösung mit großer Wirkung
Botulinumtoxin bei Kieferproblemen ist kein Luxus, sondern eine ernstzunehmende, wirksame Therapieoption für Menschen mit chronischem Bruxismus. Für viele ist es der Schritt, der endlich wieder Lebensqualität bringt – besonders, wenn alles andere nicht geholfen hat.
„Ich hätte nie gedacht, dass ein paar kleine Injektionen mein ganzes Lebensgefühl verändern würden. Heute fühle ich mich endlich wieder frei – ohne den ständigen Druck im Gesicht.“ – Miriam K., 37
Hinweis: Dieser Beitrag dient der Information und ersetzt keine ärztliche Beratung. Lassen Sie sich immer individuell und fachlich qualifiziert beraten.
FAQ – Botulinumtoxin gegen Bruxismus & Kieferbeschwerden
❓ Was genau ist Bruxismus?
Bruxismus bezeichnet das unbewusste Knirschen oder Pressen der Zähne – meist nachts. Dabei werden die Kaumuskeln überlastet, was zu Schmerzen im Kiefer, Kieferknacken, Verspannungen im Nacken und sogar zu Zahnschäden führen kann.
❓ Wann ist Botulinumtoxin eine sinnvolle Therapie?
Botulinumtoxin ist dann sinnvoll, wenn andere Behandlungen wie Aufbissschiene, Physiotherapie oder Osteopathie keine ausreichende Wirkung zeigen – insbesondere bei starker Masseter-Hypertrophie (vergrößertem Kaumuskel) oder eingeschränkter Mundöffnung.
❓ Wie wirkt Botulinumtoxin gegen Bruxismus?
Botulinumtoxin Typ A blockiert gezielt die Reizweiterleitung vom Nerv zum Muskel. Die überaktive Kaumuskulatur wird geschwächt, wodurch nächtliches Pressen oder Knirschen reduziert wird – ohne die normale Funktion (z. B. beim Kauen) zu beeinträchtigen.
❓ Wie lange dauert die Wirkung?
Die Wirkung setzt nach 5–7 Tagen ein und erreicht ihr Maximum nach 2–4 Wochen. In der Regel hält der Effekt bis zu 6 Monaten, dann kann eine Auffrischung erfolgen.
❓ Ist die Behandlung schmerzhaft?
Die Injektionen erfolgen mit sehr feinen Nadeln und sind kaum schmerzhaft. Viele Patientinnen und Patienten berichten lediglich von einem kurzen Pieksen. Eine lokale Betäubung ist in der Regel nicht notwendig.
❓ Gibt es Nebenwirkungen?
Mögliche Nebenwirkungen sind:
leichte Rötung oder Schwellung an der Einstichstelle
selten: Schwäche beim Kauen harter Speisen
sehr selten: Diffusion des Wirkstoffs auf Nachbarmuskeln
Bei fachgerechter Anwendung durch erfahrene Ärzte ist die Behandlung sehr sicher.
❓ Wie viel kostet eine Botulinumtoxin-Behandlung bei Bruxismus?
Die Kosten variieren je nach Dosis und Praxis – durchschnittlich zwischen 450 und 600 € pro Sitzung. Gesetzliche Krankenkassen übernehmen die Kosten in der Regel nicht.
❓ Wird Botulinumtoxin bei Bruxismus von der Krankenkasse übernommen?
In der Regel nein. Bei gesetzlich Versicherten gilt die Behandlung als Selbstzahlerleistung. Einige private Krankenversicherungen oder Zahnzusatzversicherungen übernehmen die Kosten teilweise – hier ist eine vorherige Rücksprache empfehlenswert.
❓ Muss die Behandlung regelmäßig wiederholt werden?
Ja, die Wirkung ist temporär. Viele Patienten lassen alle 6 Monate eine Auffrischung durchführen. In manchen Fällen kann sich der Behandlungsabstand durch Muskelumgewöhnung verlängern.
❓ Gibt es Alternativen zu Botulinumtoxin?
Ja – je nach Schweregrad:
Aufbissschienen (Knirscherschienen)
Manuelle Therapie / Physiotherapie
Osteopathie
Biofeedback & Stressbewältigung
In schweren Fällen: chirurgische Eingriffe (nur sehr selten)
❓ Kann Botulinumtoxin auch bei CMD helfen?
Ja. Bei muskulär bedingten Symptomen der Craniomandibulären Dysfunktion (CMD) kann Botulinumtoxin helfen, die Spannung in den betroffenen Muskeln zu reduzieren und damit Schmerzen im Kiefergelenk, Kopf oder Nacken zu lindern.
* Evaluation of the Efficacy of Low-Dose Botulinum Toxin Injection Into the Masseter Muscle for the Treatment of Nocturnal Bruxism: A Randomized Controlled Clinical Trial
Zaed Ghassan Shehri 1, Issam Alkhouri 1, Mohammad Y Hajeer 2, Ibrahim Haddad 3, Mohamad Husam Abu Hawa 1
Affiliations
PMID: 36474649
PMCID: PMC9719743
DOI: 10.7759/cureus.32180
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